Meine "Dithmarscher Hummel"
Im Dithmarscher Landesmuseum Meldorf ist eine frühe Form der Bordunzither ausgestellt. Bei dieser Bauform handelt es sich um ein sogenanntes "Scheitholt", ein schlanker langgestreckter trapezförmiger Kasten mit Griffbrett.
Meine moderne Interpretation dieses Typs wird von mir als "Dithmarscher Hummel" bezeichnet.
Mittelalterliche Malereien in Kirchen und kirchlichen Büchern aus dem 13. Jahrhundert zeigen den Ursprung aller Bordunzithern: Ein kastenförmiges Instrument, etwa einen Meter lang und zehn Zentimeter breit, das mit mehreren Saiten bespannt ist, jedoch ohne Griffbrett. Weil damit nur eine Tonfolge oder Akkord erzeugt werden kann, wird es Monochord genannt. Durch rhythmisches Schlagen auf die Saiten oder Zupfen wurde der Takt für den kirchlichen Gesang vorgegeben.
Aus dem Monochord entwickelte sich das Scheitholt mit einem Griffbrett und Bünden, um durch Abgreifen der Saiten unterschiedliche Töne und Akkorde zu erzeugen. Die Aufteilung der Bünde ergibt eine diatonische Tonleiter, die bis heute auf allen Bordunzithern unverändert beibehalten wurde. Das Scheitholt war in Westeuropa weit verbreitet und das führende Saiteninstrument des einfachen Volkes. Vom Chronisten Michael Praetorius im Syntagma musicum, Band II, Theatrum Instrumentorum, Wolfenbüttel 1620, Tafel XXI: "8. Scheidtholtt" gezeichnet und beschrieben.
Hölzer, Saiten und Klang
Dieses Scheitholt "Dithmarscher Hummel" entstand als Experiment. In meine Werkstatt kamen mehrere Bretter Paulownia (Tulpenbaum) an, ein besonders leichtes und dabei sehr steifes Holz. Es war vorgesehen für Spielbretter unter dem Instrument. Kann daraus auch eine Bordunzither gefertigt werden?
Sofort zu Anfang der Bearbeitung stellte sich heraus, das leichte Holz ist super einfach zu bearbeiten, aber an den Kanten und auf der Oberfläche äußerst druckempfindlich. Es mußte sehr vorsichtig beearbeitet werden, um keine Macken und Dellen zu erzeugen. Andererseits ist das Holz besonders biegefest, mit Handkraft biegen sich die vier Millimeter dünnen Brettchen gar nicht. Um so erstaunlicher war, wie leicht sich das Holz unter Feuchtigkeit und Hitze auf dem Biegeeisen in Form biegen ließ, dies jedoch für ein anderes Instrument.
Damit das fertige Instrument nicht so schnell Macken bekommt, wurden zum Schutz harte Kanten aus Mahagoni eingelassen. Das Endstück, an dem die Saiten befestigt sind, mußte ebenfalls aus hartem Mahagoni sein, um dem Saitenzug stand zu halten.
Abweichend von meiner Überzeugung, meine Instrumente nur mit Öl und Wachs zu behandeln, mußte dieses Instrument mit Klarlack beschichtet werden, damit die Oberfläche mehr Härte bekommt und damit besser geschützt ist.
Die Besaitung wurde nach bewährtem Muster ausgeführt. Das Experimental-Instrument ist außerordentlich laut, was ganz sicher am super leichten und super steifen Holz liegt. Die Höhen springen knallig brillant aus dem Holz, die Bässe der Bordune sind brummig und tiefgründig wie eine Posaune. Die große Lautstärke ist um so erstaunlicher, weil sonst ein kleiner schmaler Korpus immer zu feinklingenden aber relativ leisen Instrumenten führt. Wird kräftig an den Saiten gezupft, kann der Klang schon mal grob und aufdringlich werden. Trotzdem ist diese "Dithmarscher Hummel" geradezu ideal, um damit im Freien besonders laut zu spielen.
Mein Fazit: Experiment geglückt!
Daten
Melodiesaiten Tonumfang: diatonisch, zwei Oktaven von d bis d"
Mensurlänge: 642,6 mm - Gesamtlänge: ca. 900 mm - Breite: ca. 120 mm - Höhe: ca. 120 mm
Klangbeispiele
folgen...